ART-Treff

jeden 3. Freitag im Monat
ab 19:30 Uhr im
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Einander begegnen -
der Anfang
einander erkennen -
der Weg
einander anerkennen -
das Ziel. Amelie Mau

aktualisiert: 5.11.2015

wissenschaftlicher Sachbuchautor

 
  • geboren am 19.10.1923 in Thale am Harz
  • Studium der Naturwissenschaften in Halle/Saale und Jena
  • 1948 Promotion zum Dr. rer. nat. an der Martin-Luther-Universität zu Halle/Saale
  • bis 1958 Redakteur der populärwissenschaftlichen Zeitschrift "Kristall" in Hamburg
  • danach freiberuflicher Schriftsteller
  • 1958 Übersiedlung an den Bodensee
  • Publikationen und Rundfunksendungen zu aktuellen Sachthemen, insbesondere zur Umweltgefährdung seit Anfang der fünfziger Jahre
  • Hörspiele und Erzählungen
  • 1987 Übersiedlung nach Bad Kreuznach
  • 1994 Rückkehr an den Bodensee
  • Mitbegründer des Deutschen Unterwasserclubs
  • Mitbegründer des Kollegiums der Medizinjournalisten

Theo Löbsack, einer der treuesten ART-Treff-Freunde, kam bei Wind und Wetter um den See gefahren erst von Aufkirch, später von Seefeld bei Überlingen

Theo war ein feiner Mann mit viel Charme, ein renommierter wissenschaftlicher Sachbuchautor, dessen Werke in über 70 Sprachen übersetzt um die Welt gingen. Er war ein Mahner mit enormer Fachkenntnis, der die Gabe hatte, schwierigste Themen und Sachverhalte in verständlicher, mitreissender und kurzweiliger Form zu behandeln, geradezu spielerisch. Das Elend um die Bedrohung unserer Welt, das sein Werk beinhaltete, hat ihn in den letzten Jahren seines Lebens besonders belastet. So wandte er sich schriftstellerisch mit seiner scharfen Beobachtungsgabe und seinem feinen, versteckten Humor den lustigen Seiten des Lebens zu. Wir durften an diesem Entstehungsprozess teilnehmen, was eine große Bereicherung für uns war - danke!

Der Atem der Erde Wunder und Rätsel der Luft (1957)
Denn sie wissen nicht, was sie tun Der Griff nach dem Atomzeitalter (1959)
Der Weltraum ruft (1962)
Nur noch Wunschkinder Geburtenkontrolle, Gebot der Vernunft (1963)
Die manipulierte Seele Von der Gehirnwäsche zum gesteuerten Gefühl (1967 bis 1979)
Die Biologie und der liebe Gott Aspekte einer zukunftsreichen Wissenschaft (1969)
Zu dumm für die Zukunft (Hrsg. 1971)
Versuch und Irrtum Der Mensch - Fehlschlag der Natur (1974)
Wunder, Wahn und Wirklichkeit Naturwissenschaft und Glaube (1976)
Maß aller Dinge Was die Wissenschaft vom Menschen weiß (1977)
Die Flucht der Milchstraßen Letzte Geheimnisse unserer Welt (1978)
Magische Medizin Methoden und Erfolge der Wunderheiler (1980)
Die letzten Jahre der Menschheit Vom Anfang und Ende des Homo sapiens (1980)
Kulturtagebuch (Kulturspiegel) Von 1900 bis Heute (Naturwissenschaften und Medizin, 1984)
Das manipulierte Leben Gentechnologie zwischen Fortschritt und Frevel (1985)
Diese Handvoll Erde Entstehung, Funktion und Zerstörung des Bodens (1986)
Das unheimliche Heer Insekten erobern die Erde (1989)
Unterm Smoking das Bärenfell Was aus der Urzeit noch in uns steckt (1990)
Der Unfall (Roman, 1992)
Das Geheimnis Teufelsbrücke Harzgeschichten, Ostfalia-verlag 31224 Peine, (1993)
  • Theodor-Wolff-Preis für hervorragende publizistische Leistungen
  • Silberne Willhelm-Böschle-Medaille (Kosmos-Preis) für Verdienste um die Verbreitung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse
  • Glaxo-Preis für Europäische Wissenschaftspublizisten
  • Wächter-Peis der deutschen Tagespresse
  • Umschau-Preis
  • Journalistenpreis des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
  • Publizistikpreis der deutschen Uhrenindustrie
  • Europäischer Umweltpreis

Psychogramm - eine Schmunzelgeschichte:
Weltwährungskonferenz in Berlin, eine Szene im Foyer der Tagungsstätte, wo Osterloh sich zur Berichterstattung aufhält. Ein deutscher Finanzminister, er will ihn Meier nennen, brilliert redegewandt im Kreise von Ministerkollegen aus der Dritten Welt. Diesen scheint der Sachverstand des Deutschen zu imponieren. Osterloh hingegen fällt das aufgesetzte Grinsen des Ministers nahezu bei jeder seiner Bemerkungen auf. So viel Belustigendes, vermutet er, kann es doch auf einer Währungskonferenz gar nicht geben.
Da macht der Bundespräsident seine Honneurs und gesellt sich mit freundlicher Geste auch zu Meiers kleiner Runde. Sofort bricht Meier seine Unterhaltung ab, um sich beflissen dem Ankömmling zuzuwenden. Höflich begrüßt dieser aber zunächst die Ausländer, während Meier in einer komischen Mischung aus Eitelkeit und Servilität neben ihm verharrt. Man plaudert ein wenig, dann verabschiedet sich der Bundespräsident wieder, nicht ohne jedoch dem Finanzminister ein Bonmot zu hinterlassen. Dieer ist daraufhin um eine sofortige Erwiderung verlegen, es faällt ihm wohl so rasch nichts ein. Als ihm etwas einfällt, ist der Bundespräsident schon ein paar Schritte unterwegs zu einer anderen Gesprächsgruppe. Da ruft ihm Meier seinen Einfall nach in der Hoffnung, er möge ihn noch hören, doch der erste Mann des Staates ist schon zu weit weg. Er hört Meiers Nachruf so wenig, wie er dessen betretenes Grinsen und die Pokergesichter der Ausländer dazu wahrnimmt. Fasziniert von der kleinen Episode betrachtet Osterloh den Minister weiter. Augenscheinlich auf reputierlichen Eindruck bedacht, hat sich Meier neue Gesprächspartner gesucht, mit denen er teils belanglos plaudert, teils ernsthafter redet, wenn es sich ergibt.
Scheinbar unbeteiligt steht Osterloh in Hörweite, da antwortet der Minister gerade auf die Frage eines Afrikaners nach d Tilgungsrate eines Darlehens:"Ich würde sagen, da warten wir doch erst 'mal a, wie sich Ihre Wirtschaft ..." Der Rest des Satzes gingim Geräuschpegel unter, doch nicht lange, da klang es wieder deutlicher: "... eine Lösung finden, nur möchte ich im Augenblick meinen, wir beobachten erst 'mal das Bruttosozial..." weiter unhörbar) "...werden wir dann sehen." Osterloh macht sich Gedanken.
"Ich würde sagen", hatte der Minister gesagt. Wie schön, wie diplomatisch. Da hielt er sich ein Hintertürchen offen. Er würdesagen: Da spricht er ja nicht aus, unter welchen Umständen er sagen würde, was er sagt. Im zweiten Fall würde er nur meinen. Da folgt dem Konjunktiv eine Meinung statt einer Aussage, obwohl die Herren aus der Dritten Welt ihre Reise wohl gerade um konkreter Auskünfte wegen unternommen hatten. Ja, eigentlich war es nicht einmal eine Meinung, was sie da hörten, sondern nur eine eventuelle, eine durch das Wörtchen "würde" eingeschränkte. Es war etwas, das selbst für den Minister nur bedingt galt, denn diese Art von Meinung konnte er ja jederzeit ändern, ohne sich ungaubwürdig zu machen.
Das Schönste aber kam noch. Osterloh fängt nämlich an, wie der Minister sagte: "In diesem Fall möchte ich denken, dass es für eine Entscheidung noch zu früh ist." Was für eine feine, gewählte Art, wie sich der Minsiter äußerte. Auf dem Höhepunkt seiner Sprachkunst offenbarte er nicht einmal mehr eine mögliche Meinung, geschweige denn eine bedingte. Denn sein Gedachtes, falls es gedacht worden war und nicht nur gedacht werden sollte, dieses potentiell Gedachte also, rangiert ja im Bekenntniswert noch unter der Meinung. Es ist noch gar nicht zur Meinung ausgegoren, sondern nur strategisches Vorgeplänkel zu einer solchen. Was auf seine famose Floskel folgte, konnte mithin nur total unverbindlich sein, gewissermaßen noch unverbindlicher als unverbindlich, also pures Blabla, ein Garnichts. Als Möchtegern-Denker, findet Osterloh, denkt der Herr Minister ja gar nicht wirklich, sondern er möchte nur denken, was er wohl sagen oder meinen würde, wenn er gedacht haben sollte. Solchen Zeitgenossen sollte man das Denken eigentlich verbieten.
Osterloh beschäftigt jetzt Meiers Mienenspiel.
Wenn der Minister lacht, bekommt er Lachfalten, sein Mund öffnet sich leicht, doch seine Augen lachen nicht mit. Seine Augenlider verengen sich zu nur schmalen Spalten. Sein vermeintliches Lachen ist nur wie das bunte Papier um den Karton jener Unverbindlichkeiten, die er von sich gibt. Es hat etwas Routinemäßiges, dieses scheinbare Lachen. Man kann dem Mann seine Fröhlichkeit gar nicht abnehmen, die sein Lachen signalisieren soll, darüber täuschen auch die Lachfalten nicht hinweg. Er macht nur ein dem jeweiligen Gesprächsgegenstand entsprechend kalkuliertes Gesicht. Doch ist sein Mimikvorrat dafür offenbar beschränkt, denn Osterloh sieht Herrn Meier entweder grinsen oder ernsthaft dreinschauen.
Ach ja, ernsthaft blicken kann er natürlich auch. Das führt zu der Frage, ob die Täuschung, der man bei seinem aufgesetzten Lachen erliegt, nicht ebenso bei seinem ernsten Gesicht zu bedenken wäre. Vielleicht spiegelt auch sein ernstes Gesicht gar nicht tiefsinniges Nachdenken oder gar Bekümmernis, sondern bloße Masche.
Solcher Deutung kommt entgegen, dass der Herr Minister in der Lage ist, sein jeweiliges Mienenspiel blitzartig zu verändern, insbesondere sein vermeintliches Lachen sekundenschnell in einen ernsten Ausdruck umschlagen zu lassen, und umgekehrt.
Osterloh empfindet die Mimik des Ministers als phänomenal. Einem üblichen Menschen, dessen Lachen heitere Gemütsverfassung spiegelt, gelingt es ja gewöhnlich nicht, die fröhliche Befindlichkeit in einem Sekundenbruchteil ins Gegenteil zu verkehren. Vielmehr dauert es einige Augenblicke, bis der neue Seelenzustand im Mienenspiel sichtbar wird.
Nun ist der Herr Minister natürlich kein üblicher Mensch. Doch weckt das Phänomen des blitzartigen Kommens und Gehens seines Grinsens unwiderstehlich den Verdacht auf nur vorgespiegelte Gemütsverfassungen, die seinem Gespräch nur den gefälligen Rahmen geben: ein Gebaren, das feinsinnigen Zuschauern zu einem steten Quell nachdenklicher Erheiterung gereichen dürfte.
Theo Löbsack

 

 

 

 

 
Nachruf: Theo Löbsack