Federn - Engel -   Vögel
                    geschrieben auf der Fähre   Konstanz-Meersburg am 13.März 1997 
              Federn fliegen ohne Wege in den leeren   Raum, fliegen in die Riesenwelt - zeitlos, raumlos, ohne Grenzen. Engel singen   ganz im Stillen, keiner kann es hören, spüren wohl aus jenem Raum, der unsre   eigne Grenzenlosigkeit bedeutet.
                Vögel, hochgeschwungen in das Jenseits,   kreisen sie wie alle Sterne. Sie berühren das, was wir nicht sind. Was sind wir   denn, die wir so dürsten nach einer Liebe, die erlösend uns befreit von unserm   Raum, von unsrer Zeit? Wir sind dabei und können schweben ganz aus uns,   wenn wir uns trennen von dem Festem, dem Gewohnten, das - wie es scheint - uns   mitgegeben von Anfang an; vom Ursprung, wie wir sagen. Und jenes Singen, die   Musik, geht über uns hinaus, trifft zugelich unsre Mitte; da sind wir nicht mehr   festgebunden. Es lösen sich die Ketten.
                Der Vogel, ist er nicht bekannt als   Adler, Taube oder Kondor? Sind wir es nicht, die fliegen können? Wir dürfen es   -, doch nur, wenn alle Absicht, alles Denken schwindet und wir uns tragen   lassen! 
              Da bleibt es dann nicht weglos, bleibt nicht ziellos, es wird zu einem Nehmen   jetzt, das nicht vom Denken, vom Sinnieren wird gequält. Und diese Wege öffnen   sich, wenn wir auch sterbenlassen können, was uns festhält und zugleich   viel verspricht. Dieses Sterben lässt gebären mich von neuem, kommt aus der Gegenwart, ist immer da, ist ewig.
                Die Räume, Zeiten, und die   Gegenstände bleiben da, doch anders jetzt, denn jeder kann dann schauen,   was hinter diesem Aussen, hinter den Begriffen steht. Es ist die riesengroße   Liebe, die wahr und frei uns weiterleben lässt. Selbst, wenn der Himmel sich   verdüstert, und die Seele schmerzt in sich verkrochen, immer bleibt die Türe   offen, die aus dem Schweigen kommt. 
              Was ist das Schweigen, diese Stille, die austritt aus dem Alltag und ,   wie es klar erscheint, aus uns'rem heitren Leben? Sie bleibt im Tun darin, es   mag Trauer sein, die angeschaut und auch durchlitten. Sie gibt mir eine Freude,   die weit hinaus geht über das, was wir als unsre Wirklichkeit bezeichnen! Sie   bleibt bei uns, ist ewig, ist unsterblich, und wird zuletzt ein Teil von uns,   von unsrem Wesen.
                Da sehn wir tief hinein die andren Blüten, die bisher uns   verborgen waren. Wir spüren, hören, fühlen, was unbegrenzt erschienen ist -, ganz plötzlich ist es da, ganz ohne Unterschied zu dem, was einstmals   fest verankert in unseren Träumen sich zeigt als Bild, begreifbar und wirklich.   Es sind die Augenblicke, in denen wir erfahren, wie uns die Töne wahrhaft   treffen, als wären sie von Welten, die obwohl so fern, zu uns gehören. 
              Damit sei von mir, von meinem Glauben, von der Gewissheit selbst es   ausgesprochen: Es gibt die Trennung nicht von Wissen, das wir fassbar,   begreifbar machen können, von einem sehnsuchtsvollen, weiten Glauben. Die beiden   Seiten - ich kann sie Diesseits-Jenseits nennen - sie vereinen sich am Schnittpunkt, berühren sich, sich machen aus, was wir von dorther   schöpfen können, was unvergänglich ist!
                Und alles, was die Religionen   fordern, es ist der Ritus, der Tanz der Welt. Er weist den Weg hin zu dem   Berührungspunkt, von "beiden" Seiten. Der sogenannte Punkt ist heilig,   unversehrt, kann ständig neu errungen werden; er darf verlssen nicht die Mitte, denn diese bleibt in ihm! Ich schließe ab und seh in dem, was   unbegreifbar bleibt, doch ein Begreifen einer hohen, großen Kraft, die   Unmögliches mir möglich macht. Ja, diese Wahrheit müssen wir den andern geben,   ohne Rücksicht, wie der andre uns versteht. Es führt die Menschen weiter, dahin,   woher sie auch gekommen sind.